Typ 5
Interview mit Vertretern des Typ Nr. 5
Typ 5 ist ein Kopf- und Angsttypus mit der Ansicht “Ich bin zu klein für die Welt” Mit der Basiserfahrung einer Welt, die zuviel will und zuwenig gibt, versucht er, mit seinen Energien, mit seiner Zeit und seiner Beziehungswilligkeit zu geizen und sich der auslaugenden Welt durch Rückzug und Beobachtung zu entziehen.Er übersieht dabei, daß ihn der Rückzug mehr Energie und Lebensfreude kostet, als es die Anforderungen der Welt je tun würden.
Die Geschichte
Währenddem Du dies liest, konzentriere Deine Aufmerksamkeit zunächst auf
den Bauchraum, und spüre den Atem im Bauchraum. Dies ist noch nicht
Fünfer-typisch, aber es dient dem Vergleich. Nun nämlich ziehe all Deine
Aufmerksamkeit in Deinen Kopf und halte den Atem an. Danach atme nur
flach weiter.
Bleib in Deinem Kopf, halte ihn beschäftigt mit Gedanken, Erinnerungen, Geschichten, Plänen. Hier lebst Du als Fünfer. Es ist ein sicherer Platz. Niemand kann Dich hier heraus holen, niemand kann hier hinein kommen. Hier in Deinem Kopf kann man Dich nicht auslaugen. Auf diese Weise, glaubst Du, bewahrst Du Deine Energie.
Ein Freund erscheint und lädt Dich zu einem Spaziergang ein. Panik kommt auf. Ein inneres Tauziehen beginnt: ein Teil von Dir fühlt sich aufgefordert, mit dem Freund etwas draußen in der wirklichen Welt zu tun und körperlich aktiv zu sein. Ein anderer Teil will darüber erst einmal nachdenken, will nicht heraus kommen, will drinnen bleiben.
Der Freund lädt Dich nach draußen ein, aber Du willst Dich in Dich zurückziehen. Das ist ein innerer Kampf, das zehrt an Deiner Energie, das ist Dein ewiger Konflikt.
Das Interview
Gab es etwas in dieser Geschichte, das Dir typisch für Dich erscheint?
Das Gefühl von Panik, wenn jemand vorbeikommt und meine Einsamkeit
stört. Der Wunsch, innerlich zu sein und die Erfahrung, gegen den
eigenen Willen herausgezogen zu werden. Außerdem ist das Gefühl, durch
die Anforderungen der Welt und die Wünsche der Menschen ausgelaugt zu
werden, sehr typisch für mich.
Es löst einen inneren Kampf aus, wenn Dich jemand zu einem Spaziergang einlädt, sozusagen nach draußen?
Ja, weil es immer dieses Gefühl gibt, daß ich das nicht möchte, daß
meine Aufmerksamkeit nach außen gezogen wird. Die Einladung des Freundes
fühlt sich schnell für mich als Forderung an: ich soll etwas mit der
Person tun. Um das tun zu können, muß meine Aufmerksamkeit aus meinem
Kopf herausgehen, und ein Teil von mir will das nicht, will sich wieder
in sich zurückziehen wie von einem Gummiband gezogen.
Der innere Kampf ist also zwischen ” draußen sein müssen ” und “drinnen bleiben wollen “, und dieser Kampf laugt Dich aus?
Ja, früher hätte ich gedacht: es sind tatsächlich die Menschen, die mich
auslaugen. Heute bemerke ich, daß das Auslaugen daher kommt, daß ich
körperliche und mentale Energie aufwenden muß, um mich drinnen zu
halten, wenn mich jemand nach draußen einlädt. Wenn vielleicht jemand
möchte, daß ich zuhöre, dann fühlt sich dieser Wunsch an, wie wenn
jemand an einem Gummiband zieht, dessen eines Ende in mir befestigt ist.
Es gibt eine gewisse Spannung, und diese Spannung kostet Energie,
solange weder die andere Person losläßt und ihr Ansinnen aufgibt, noch
ich es aufgebe, drinnen bleiben zu wollen. Ich verstehe.
Wie ist dann das Energieniveau als Nr. 5 im allgemeinen?
Es ist das Gefühl, generell zu wenig Energie, Zeit und Ressourcen zu
haben. Ich frage mich zum Beispiel immer, wie andere Menschen so lange
arbeiten können. Sie haben ihren Arbeitstag, dann machen sie ihre
Hausarbeit, dann planen sie Dinge und dies und das muß getan werden, und
sie wollen noch ausgehen usw. Es fühlt sich immer an, wie wenn ich
vielleicht nur 30% der Energie der anderen Menschen hätte. Das stimmt
vermutlich nicht, aber so fühlt es sich an.
Zu dem wahrgenommenen Mangel an Energie trägt auch diese Bewegung in meinen Kopf hinein bei. Jeder Organismus hat die Tendenz, die Energie gleichmäßig im Körper zu verteilen, sie auch auszubalancieren zwischen innen und außen. Aber wenn Du unentwegt in Deinem Kopf sein willst, mußt Du fast einen körperlichen Druck ausüben, um Deine Energie in den Kopf zu drücken und sie da zu halten, wie in der Geschichte. Jeder, der diese Übung macht, bekommt vielleicht eine Ahnung, wie energiezehrend das ist, und wie wenig Energie Du nachgefüllt bekommst, weil Du Dich von Deinem Körper und der Welt abgeschnitten hast.
Ich habe von diesem Abschneiden, dieser Spaltung zwischen
Kopf und Körper bei den Fünfen gehört. Kannst Du darüber noch etwas mehr
sagen?
Manchmal fühlt sich an wie eine Spaltung, wie ein körperlicher Block,
zum Beispiel im Bereich des Zwerchfells. Ansonsten fühle ich eher, daß
ich meine Energie nach oben treibe, sodaß für den Rest des Körpers keine
mehr übrig bleibt.
Heißt das, daß Du lieber allein bist?
Ja, obwohl ich langsam erkenne, daß ich mich ohne Menschen einsam fühle,
war das früher doch nicht der Fall. Alleinesein, Dinge alleine zu tun,
war immer die erste Wahl. Auch heute noch, wenn mich jemand fragen
würde, ob ich es vorziehe alleine oder mit Menschen zu sein, würde ich
immer antworten: “Lieber alleine.”
Das hat sicher auch damit zu tun, daß es anstrengend
erscheint, mit anderen Menschen zusammenzusein. Welche Einstellungen
kommen in Dir auf, wenn Du daran denkst, mit Menschen zusammen zu sein?
Menschen nehmen mir von meiner Zeit, von meiner Ernegie, von meinen
Ressourcen weg und ich habe ohnehin zu wenig davon. Daher ist es wichtig
, mit diesen Ressourcen sparsam umzugehen, weil es so wenig davon
gibt.Wenn also jemand meine Zeit oder meine Aufmerksamkeit haben möchte,
muß ich sorgfältig darüber nachdenken und damit haushalten.
Das muß es ja recht schwierig machen für den Partner einer Nr. 5?
Kann ich mir gut vorstellen.
Wenn ich der Partner einer Nr. 5 wäre, was würdest Du dann von mir brauchen, um glücklich zu sein (“Hamsterpflege”)?
Das kommt darauf an. Wenn Du mit einer Nr. 5 lebst, die nicht allzu
willig ist sich zu verändern – wie alle Typen will auch die Nr. 5 sich
die meiste Zeit nicht verändern – in diesen Zeiten ist es wichtig, das
Bedürfnis der Nr. 5 nach Alleinesein, für sich sein, nach Privatheit zu
achten. Es ist auch wichtig, nicht in den Raum der Nr. 5 einzudringen,
indem man zu viel spricht, zu laut ist, zu emotional ist, ohne zu fragen
zu nahe kommen will. Man muß Signale geben, daß man die Privatheit
achtet, sobald die Nr. 5 sie haben will. Fünfer können sehr viel mehr
Nähe haben, als man glaubt, insbesondere körperliche Nähe ist gut. Es
muß aber diesen Respekt für Privatheit geben, damit die Nr. 5 sich
sicher genug fühlt, nahe zu kommen und wenn ein Partner das vermitteln
kann oder signalisieren kann, dann ist uns das sehr hilfreich. Fünfen
achten auch die Bedürfnisse anderer Menschen nach Privatheit und
Abgrenzung, das ist einer unserer Vorzüge.
Du sagst, daß es für die Nr. 5 schwierig sein kann, Emotionen
des Partners auszuhalten. Wie sehr bist Du in Kontakt mit Deinen
eigenen Gefühlen?
In der Geschichte, wo der Freund uns zum Spaziergang einlädt, gibt es ja
zum Beispiel ein Gefühl: Panik kommt auf. Und der Umgang damit ist
ähnlich wie mit den meisten Gefühlen. Es gibt ein bißchen ein Gefühl,
und dann wird es eingefroren, kontrolliert. Ich habe von anderen Fünfern
gehört, daß sie das Gefühl in dieser Weise sozusagen aufbewahren, bis
die Situation vorbei ist und sie alleine sind, und daß sie es erst
danach richtig durchfühlen oder so richtig verdauen. Bei mir habe ich
eher den Eindruck, daß ich das Gefühl einfriere, und nach der Situation
kann ich es wieder auftauen, aber das ist dann gleichbedeutend mit dem
Verschwinden des Gefühls. In extremen Notsituation, wie zum Beispiel bei
einem Unfall, ist das ganz praktisch. Wir können den Kopf behalten und
sehen, was zu tun ist, wenn alle anderen nur noch wirr
durcheinanderlaufen, aber in einer Partnerschaft ist es natürlich nicht
so gut. Oftmals, wenn ich das Gefühl einfriere, kann ich dann darüber
sprechen, und es ist auch wahr, aber während ich darüber spreche, fühle
ich es nicht mehr in voller Stärke.
Für Menschen, die viele Gefühle haben, kann das also mit Euch
schwierig sein, weil sie vielleicht möchten, daß Ihr genausoviel
Gefühle habt wie sie. Aber Gefühle sind für Dich nicht leicht
zugänglich?
Nein, wirklich nicht. Und wenn der Partner es dann noch als Forderung an
mich stellt, Gefühle zu haben, dann fühlt es sich so an, wie wenn ich
es nicht tun kann oder gar kein Gefühl habe. Es gibt dabei auch ein
ärgerliches Element von “ich will es Dir auch nicht geben”, selbst wenn
ich wüßte, wie es es tun sollte. So ein ärgerliches Zusammenziehen: “Ich
will nicht”.
Wenn Du nicht so sehr in Kontakt mit Deinem Körper und Deinen
Gefühlen bist, woher weißt Du dann überhaupt, daß Du lebendig bist?
Ich denke viel, hauptsächlich durch Denken. Ich denke, also bin ich, das
muß ein Fünfer gesagt haben. Ich fülle mein Gehirn mit Gedanken. Da ist
es immer interessant.
Wenn also ein Partner mehr Gefühle von Dir haben wollte, gibt es irgendeine Form, wie er das erreichen könnte?
Das ist wirklich schwierig. Sobald jemand auf Gefühlen bestehen würde,
gäbe es dieses Zusammenziehen und diesen Wunsch ” nur weg von hier “. Es
gäbe auch das Bedürfnis, den Partner einzufrieren und zu kontrollieren,
ebenso, wie man das eigene Gefühl einfriert. Ich glaube eine typische
Nr. 5 wäre nicht sehr bereit, Gefühle zu haben oder zu geben, wenn er
nicht eine Menge Therapie hinter sich hat. Und obwohl ich eine Menge
Therapie hinter mir habe, bin ich in meinem alltäglichen Leben immer
noch nicht sehr bereit, Gefühl zu haben oder zu geben.
Aber es gibt ein paar Rahmenbedingungen, die ein Partner schaffen kann, um der Nr. 5 das Fühlen zu erleichtern: Signale geben, daß der Wunsch nach Privatheit respektiert wird. Ich muß nicht notwendigerweise ständig alleine sein, aber ich muß vom Partner wissen, daß, wenn ich alleine sein will, das für ihn OK sein wird, dann können wir zusammensein. Solange es eingefordert wird, und es eine Art “Ziehen” oder “Druck ” von außen gibt, wird der Partner nicht sehr viel Nähe oder gar unsere Gefühle bekommen. Wenn wir dagegen wissen, daß es in Ordnung ist, alleine zu sein, dann können wir auch ganz schön nahe sein. Es gibt zum Beispiel in mir ein starkes Bedürfnis nach körperlicher Nähe und körperliche Nähe ist dann auch für mich die Grundlage, Gefühle zu haben.
Auch, aber nur manchmal, wenn ein Partner sehr auf Beziehung besteht und mich kontinuierlich fragt, was ich fühle, dann steigt zunächst meine Abwehr und ich will weg, wenn es aber dann so weiter geht, bricht meine Abwehr auch zusammen und ich habe Gefühle.Dann fühle ich mich seltsamerweise auch mit meinen Gefühlen sicher und komfortabel, aber vorher nicht.
Es tut mir leid, den Partnern der Nr. 5 sagen zu müssen, daß es keinen wirklich guten Trick gibt, den Partner in Gefühle zu versetzen. Man kann aber einige gute Rahmenbedingungen dafür setzen.
Dieses Zusammenziehen, von dem Du sprichst, hat das etwas mit den Fixierungen der Nr. 5, Geiz und Habsucht zu tun?
Ja, ich glaube schon. Seitdem ich mich bewußter wahrnehme, scheint es
mir wie ein Muskel in mir, der sich vor dem Kontakt mit der Umgebung
zurückzieht. Dabei gehört schon mein Körper eher zur ” Umgebung” , nur
der Geist nicht. Und diesen Rückzugsmechanismus bringe ich mit dem Wort
Geiz in Zusammenhang. Wenn ich nämlich diesem Rückzug Worte geben würde,
dann wären sie : “Nein ich habe nicht genug davon (Zeit,
Aufmerksamkeit, Gefühle, Energie), ich muß Energie sparen, Zeit sparen.
Aber auch: “Nein, Du kriegst das nicht von mir”. Es gibt da auch eine
aggressive Komponente bei diesem Geiz.
Früher hätte ich zum Thema Geiz immer gesagt, das ist kein materieller Geiz, eher einer in Bezug auf Zeit und Energie, aber langsam bemerke ich, daß ich auch in materieller Hinsicht sehr geizig bin. In meinem letzten Auslandsurlaub hatten wir ein Apartment. Und für den Gasherd haben sie uns eine Schachtel Streichhölzer hingelegt und ich habe bemerkt, daß ich die Streichhölzer gezählt habe, um herauszubekommen, ob sie für den ganzen Urlaub reichen würden. Ich habe ausgerechnet, daß vermutlich sogar eines übrigbleiben würde. Sehr beruhigend, denn ich wollte nicht in ein Geschäft gehen und eine neue Packung oder ein Feuerzeug kaufen. Das ist auch dieses Zurückziehen, der Geiz: es scheint besser, mit wenig auszukommen, als viel zu brauchen. Es gibt aber noch eine Ebene darunter. Wenn ich in ein Geschäft ginge und Streichhölzer kaufen würde, dann müßte ich ja mit der Welt in Kontakt treten, mit den Menschen, ich kenne ja ihre Sprache nicht, ich spreche sie nicht, auch haben sie Verhaltensweisen, die ich nicht genau einschätzen kann. Daher versuche ich, es zu vermeiden. Ich versuche, mit wenig auszukommen, damit ich mich nicht mit der Welt befassen muß. Und natürlich war das jetzt ein Auslandsaufenthalt. Der Satz “ich spreche die Sprache der Menschen nicht” gilt aber im Prinzip überhaupt: daß ich nicht die Sprache der Menschen spreche, nicht weiß , wie ich damit umgehen soll. Natürlich stimmt das nicht, aber so fühlt es sich an.
Die erste Idee ist : “Ich weiß nicht, wie das geht”?
Und es ist auch Teil des Geizes, daß ich nicht in solche Situation
kommen möchte, in der ich empfinden würde, daß ich nicht weiß, wie es
geht.
Was noch sollten Partner von Fünfen wissen?
Man sagt von uns häufig, wir würden überheblich arrogant oder kritisch
wirken. Wir mögen so rüberkommen, aber die Partner sollten wissen, daß
wir uns der Welt in Wahrheit unterlegen fühlen, kleiner als die Welt.
Wenn ein Partner von einer Nr.5 kritisiert wird, dann meist aus Gründen
der Abwehr und es bedeutet eigentlich “Du bist mir zu nahe gekommen,
ohne zu fragen” oder “Du hast zu viel von mir gefordert”. Und immer,
wenn wir den anderen kritisieren, ist es nicht Kritik, die wir wollen,
weil wir eigentlich nicht besonders fehlersuchend oder kritisch sind,
sondern wir können kritische Dinge sagen, weil wir den Partner auf
Abstand halten wollen. Nimm also den Inhalt der Kritik nicht so
wörtlich, sondern denke Dir “Der Kerl beißt, weil er Angst hat, daß ich
zu nahe komme”.
Außerdem scheint es, daß wir Kontakt vermeiden. Partner sollten wissen, daß das nicht heißt, daß wir Euch nicht gerne bei uns haben. Es ist nur diese Angst vor dem ausgelaugt werden oder daß jemand unsere Grenzen nicht achtet. Das bevorzugte Bild einer Fünf von Partnerschaft ist, Rücken an Rücken an einem Strand zu sitzen und jeder liest ein Buch. Es ist sehr wichtig, diesen körperlichen Kontakt zu haben, solange es sich nicht wie ein Eindringen anfühlt. Und auch wenn wir Eure Kontaktversuche immer erst einmal abwehren, sind wir doch auf lange Sicht dankbar, wenn ihr es respektvoll immer wieder versucht.
Wenn wir uns lange nicht melden, heißt das für uns nicht, daß die Freundschaft abgebrochen ist. Fünfen behalten Freunde praktisch ewig im Kopf und unterhalten sich mit ihnen täglich. Wir haben allerdings diese naive Vorstellung, daß das ausreicht. Der Freund ist in unserem Kopf so lebendig, warum ihn also anrufen oder ihn in der Realität sehen. Wir sehen einfach keine Notwendigkeit, Freunde wirklich zu treffen. Natürlich müssen Fünfen lernen zu sehen, wieviel Leid sie dadurch für diejenigen produzieren, die uns nahe sein wollen, aber es mag für den Partner doch hilfreich sein zu wissen, daß er nie vergessen wird.
Wie wirken sich die grundlegenden Themen der Nr. 5 in Arbeitsbeziehungen aus?
Meine Lieblingsposition in Arbeitsbeziehungen wäre es, sozusagen der
weise Berater hinter einer Autorität zu sein. Jemand, dessen Wissens-
Denk- und Wahrnehmungsbreite gewertschätzt wird. Ich habe oft sehr
schnelle und unmittelbare Ideen über Arbeitsprojekte, aber Fünfen haben
nicht genügend Weltorientierung, nicht genügend Energie (so fühlt es
sich jedenfalls an), um diese Ideen in der Welt umzusetzen. Jemand
anders sollte das tun. Aber wenn jemand einen Ideenlieferanten braucht,
einen Durchdenker, auch einen Langzeitplaner, Langzeitentwickler, da
sind wir gut. Wenn mich jemand allerdings auffordern würde: Mach dieses
Projekt in einer kurzen Zeit erfolgreich, dann würde ich mich
überfordert fühlen. Ich hätte exzellente Ideen darüber, wie das zu
bewerkstelligen sei, aber jemand anders sollte es verwirklichen.
Außerdem, solange ich in meinem Fünferschema bin, scheue ich Positionen im Vordergrund, in der Öffentlichkeit, auf der Bühne, weil die öffentliche Sichtbarkeit sich sehr unbehaglich anfühlt.
Was hat Dir geholfen, Dich persönlich weiterzuentwickeln?
Meine erste, automatische Reaktion auf diese Frage ist: ” Ich habe mich
nie weiterentwickelt.” Das ist sehr typisch für eine Nr.5. Unabhängig
davon, wie groß die wirkliche Entwicklung auf einem Gebiet ist, werden
wir immer wieder darauf bestehen, daß sie nicht stattgefunden hat.
Aber trotzdem: es hat mir geholfen zu üben, mit meiner Aufmerksamkeit in meinen Körper zurückzukommen. Ich bekomme dadurch mehr Energie und mehr Verbindung zur Welt. Ich werde nicht notwendigerweise freundlicher dadurch, eher auch territorialer, leichter wütend, offen kontrollierend, auch mehr sexuell, aber es gibt dann zumindest eine starke Verbindung zur Welt und das hilft mir, aber ich muß es auf einer täglichen Basis üben (Sicherheitspunkt Nr. 8).
Wie kannst Du das üben, die Aufmerksamkeit in Deinen Körper zu lenken?
Zum Beispiel als Meditation oder auch bei beliebigen Tätigkeiten, mich
für eine Zeit darauf zu konzentrieren, wie ich im Bauchraum atme.
Außerdem hilft alles, was mit Körperbewegung zu tun hat. Ich habe solche
körperlichen Tätigkeiten hilfreich gefunden, bei denen man hinfällt,
wenn man zu denken anfängt, zum Beispiel Schlittschuhlaufen. Ich habe
herausgefunden, obwohl ich sehr spät damit angefangen habe, daß mein
Körper weiß, wie das geht. Es ist nicht perfekt, aber macht eine Menge
Spaß. Und sobald ich darüber nachdenke, wie man es am besten tut oder
meine Gedanken woanders spazierengehen, falle ich unvermeidlich hin. Es
ist ein wirklich gutes Training, etwas zu tun, bei dem Denken einen auf
die Nase fallen läßt. Schwimmen war nicht so gut, weil ich endlos
schwimmen kann und denken gleichzeitig. Aber auch lange Spaziergänge
sind gut: Dabei kann man mit der Aufmerksamkeit schön hin und her
pendeln, etwas nachdenken, dann wieder in den Körper und in die
Landschaft zurückkommen mit der Aufmerksamkeit, dann wieder ein bißchen
denken, und unter dem Strich gibt es dadurch eine größere Hinwendung zum
Körper und zur Welt ( Anklang von ” non-attachment ” als höherem
emotionalen Zustand der Fünf ).
Die Arbeit mit der Gefühlswahrnehmung muß wahrscheinlich eine therapeutische Arbeit sein. Sie sollte beginnen mit Körperwahrnehmung, durchaus auch mit körperlichem Gehaltenwerden mit der Erlaubnis, alle Gefühle auszudrücken. Ich werde dabei natürlich höchst mißtrauisch sein, ob der Therapeut meine Grenzen überschreiten wird, durch Interpretationen, durch Ratgeben, durch Hausaufgaben usw. Ich muß die Erfahrung haben: ” Hier ist ein Gefühl, und nun will ich es haben .” Solange es gefordert ist, etwa durch die impliziten Therapieregeln, geht gar nichts und die Kontraktion, der Rückzug beginnt.
Einer der höheren Aspekte der Nr . 5 heißt auf englisch
“non-attachment” ( “Nichtanhaftung”). Was ist damit gemeint und hast Du
damit irgendwelche Erfahrungen?
Die normale Haltung der Nr. 5 ist “detachment”, das heißt, sich aus der
Welt raushalten, sich abspalten von der Welt. Non-attachment ist für
mich die Fähigkeit, in die Welt und zu den Menschen zu gehen und mit
ihr/ihnen zu verschmelzen, wie es die eher beziehungsorientierten Typen
automatisch tun, dann aber und dann erst sich wieder herauszunehmen.
Non- attachment ist die Fähigkeit zur Bewegung hinein und heraus, in der
Welt sein zu können und außerhalb.
Fünfen sitzen hieroft einer Verwechslung auf. Sie verwechseln ihr automatisches detachment, ihre Abspaltung, mit der erleuchteten Haltung des non-attachment. Ich habe viele Partner von Fünfen sich darüber beschweren hören, daß die Fünf denkt ( Selbstideal ), sie sei weise, weltabgewandt und erleuchtet, aber es ist eine völlige Perversion dieser Idee, es ist ein Irrweg und er hat in der Partnerschaft hohe Kosten.
Die Entwicklungsrichtung der Fünf ist also, mehr in den
Körper und in die Welt zu kommen, aber auch fähig zu bleiben, sich
wieder von ihr zu trennen, die Wahl zu haben.
Die meisten meiner Erfahrungen mit non- attachment begannen mit
körperlicher Bewegung in der Natur, weil die Natur nichts von mir will
und sie mit ihrer Schönheit einfach da ist, sozusagen wartet und lockt,
daß ich mich ihr nähere. So kann ich ein wenig in sie hineingehen, dann
aber wieder zu meinen Gedanken, in meinen Kopf zurückkehren, dann wieder
hinaus, um mich vielleicht zu orientieren in der Landschaft, man will
ja nicht gegen einen Baum rennen, weil man ständig vor sich hin denkt.
Und es ist schön da draußen, schöne Landschaft, also willst Du draußen
sein. Und das ist der eigentliche Punkt: daß es mir hilft, draußen sein
zu wollen und die Frage aufkommt: ” Was will ich von der Welt” eher als
umgekehrt: ” Was will die Welt von mir und wie ist mir das zuviel ” (
Aufmerksamkeitsrichtung ).
Zu merken, daß die Welt und die Menschen Dir etwas geben
können, und nicht, daß sie etwas wegnehmen wollen, diese Wahrnehmung
hilft Dir zum non-attachment?
In meiner zurückgezogenen, abgespaltenen Art würde ich normalerweise
denken: ” Ich brauche nichts, ich will nichts von der Welt und die Welt
ist nicht so beschaffen, daß ich irgendwas von ihr bekommmen kann.” Wenn
ich aber zu dem Punkt kommen kann, wo ich an die Welt ein Anliegen
formuliere: ” Ich brauche Hilfe, bitte, ich kann es nicht mehr alleine,
ich brauche, möchte etwas von Dir “, dann urplötzlich habe ich eine
Erfahrung – manchmal kleiner, manchmal größer – von non-attachment.
Das andere Wort ist in diesem Zusammenhang ist Allwissen (höherer mentaler Zustand). Könntest Du erklären, was das ist?
Das hat für mich verschiedene Aspekte. Zunächst, auf der Ebene meiner
automatischen Persönlichkeit, habe ich den Eindruck, ich muß noch mehr
wissen, bevor ich genügend weiß, um in der Welt handeln zu können. So
häufe ich Wissen, Gedanken, geistige Systeme an. Diesen Aspekt nennen
wir die Habsucht der Nr. 5.
Der höhere Aspekt geht so: Wenn ich bemerke, daß ich bereits genug weiß, um handeln zu können, dann entspanne ich mich sehr und kann mich auf die Welt einlassen ( non-attachment ). Zum Beispiel rührte es mich sehr, als eine befreundete Therapeutin mir nach einem meiner Seminare sagte: ” Du hast alles,was es braucht.” Ich glaube, wenn ich mir das klarmachen kann, das ist dann sehr hilfreich.
Auch der Aspekt von Allwissen, daß alles, was ich brauche und wissen möchte, da ist, aber ” da draußen ” in meinem Körper und in der Welt, außerhalb meines Geistes, daß ich also hinaus muß aus meinem Geist, hinein in die Welt. Auch das stützt das Einlassen auf die Welt, das non-attachment.
Hättest Du einen Rat für eine junge Fünf?
Was ich in meinem Leben am meisten bedauere, ist, daß ich immer mehr
meiner Angst als meiner Lust gefolgt bin. Ich würde gerne meinem
jüngeren Selbst sagen: geh hinaus in die Welt und versuche, dort Spaß zu
haben, bevor Du versuchst, abgehobenes Wissen zu akkumulieren.
Versuche, eine Gier auf das Leben zu entwickeln, eine Lebenssehnsucht,
lerne Frauen kennen, experimentiere herum, selbst wenn Du eine Menge
Angst dabei hast.
Ein anderer Rat wäre folgender: es gibt dieses Element, daß ich meinem Denken und meiner Intuition nicht traue. Keiner meiner Intuitionen, weder der des Kopfes noch des Herzens noch des Bauches. Ich weiß heute, daß ich eine ziemliche Intuiton habe, aber ich habe mir da nie getraut. Mein Rat an die jüngere Fünf wäre: Traue Deiner Intuition. Traue Deinem Denken, traue Deinem Herzen, traue Deinen körperlichen Wahrnehmungen. Trau all diesen Intuitionen, das wäre mein Rat.